Der
Tunnel - Part 1
„Ich
habe Dich verletzt“ sagt die Stimme leise zu dem Mädchen im dunklen
Tunnel. „Ich habe Dir weh getan“ fügt sie noch hinzu.
Die
Gestalt neben dem Mädchen ergreift vorsichtig und zögernd die zitternde
Hand des kleinen weiblichen Wesens im dunklen. Die entflieht dem festen aber
doch lieb gemeinten Griff.
„Es
tut mir leid“ sagt die ängstliche Stimme. „Ich wollte Dir niemals
weh tun, ich habe Angst Dich zu verletzen, ich hatte immer Angst und jetzt ist
es geschehen" “spricht die Stimme der nicht erkennbaren Gestalt im
dunklen Tunnel des Mädchens. „Ich wollte Dich nicht stechen, ich
wollte Dich nicht schneiden, ich wollte nicht das Du Dich an mir stößt....“die
Stimme verstummt und versucht das Mädchen mit dem Blick zu fassen. Jedoch
das Mädchen entschwindet langsam und Kopf schüttelnd ins dunkle des
Tunnels.
„Du hast mich nicht verletzt. Das kannst Du gar nicht. Ich habe mich verletzt.
Und es ist nicht wichtig. Es ist egal. Ich kenne doch nichts anderes. Ich verdiene
nichts anderes.“ Sagt das Mädchen und streckt die Hand nach der unbekannten
Gestalt in ihrem Tunnel aus. „Ich bin schwach. Ich habe nicht die Macht. Ich habe nicht die Kraft. Ich kann nicht mehr kämpfen.
Ich überstehe keinen Kampf mehr. Kann nicht um mich selbst kämpfen.
Erkenne nicht mal mehr wer Du bist und kann auch nicht um Dich kämpfen.“
Bei
diesen Worten zieht das zerbrochene Wesen ihre Hand zurück. „Ich
gehe allein in meine Welt aus scharlachroten Scherben zurück, ich möchte
Dich genauso wenig zerstören, aber Du würdest an mir endgültig
ersticken,“ mit Tränen gefühlten Augen, senkt sie den Kopf und
fügt hinzu „ es hätte keinen Sinn, nichts hat einen Sinn. Ich
bin nicht geboren wurden um in Illusionen zu leben, um mir selber welche aufzubauen.
Ich bin entstanden um Schmerz zu spüren. So ist es bestimmt. Du kannst
mich gar nicht verletzen. Und wenn, es wäre nur ein Schnitt ,mehr zwischen
den tropfenden Wunden.“
Für
einen kurzen Augenblick kehrt das Mädchen zurück aus der Dunkelheit,
von ihren Händen tropft Blut. „Fremde Gestalt“ sagt sie „
siehst Du das? Das ist mein Leben. So lang ich denken kann, nahm man sie von
mir, was man wollte. Und nun ist die Zeit gekommen, in der ich mir von mir selbst
nehme was ich will“ spricht die leise und bestimmend mit grausamen Blick.
„Ich nehme mir das Leben, ich will sehen dürfen wie es dahin fließt.
Ich will diesen Schmerz. Ich habe nie etwas anderes gefühlt. Du fremde Gestalt sage mir warum es jetzt anders werden sollte?“
Die Gestalt
schweigt jedoch nur, aber dem Mädchen wird bewußt mit wem sie dort
spricht, mit wem sie das Dunkle teilt, wer sie ihrem Tunnel besucht und sie
begleitet. Die Konturen scheinen ihr so vertraut, sie fühlt das da mal
was war, was sie am Leben hielt. Es kam von dieser Gestalt aus.
„Ja
Du bist es“ sagt sie und neigt den Kopf „sei Dir gewiss, Du hast
nichts getan und Du kannst nichts tun.“ Langsam nähert sich das zerbrochene
Wesen der Gestalt, behutsam nimmt sie den Gast in ihre Arme. „ Spürst
Du das?“ fragt sie, von der Gestalt kommt nur ein zögerndes Nicken.
Mit
sicheren Schritten nimmt das Mädchen wieder Abstand, entfernt sich so weit
das man sie nicht mehr sieht. „Ich bin nicht mehr da. Bald werde ich nur
noch eine Erinnerung sein. Ein Wesen das man verachten wird. Verachten für
ihre Schwäche. Für die Kraftlosigkeit. Die Machtlosogkeit.“
Ohne
das der Gast es sieht heben die Scharlachroten Scherben den Kopf und blicken
ihn fest an, „Ich habe nicht Kraft um, um Dich zu kämpfen. Ich kenne
keinen Kampf nur die Aufgabe. Darum wirst Du mich verachten. Und diese Gewissheit
verkrafte ich nicht. Es gibt nur eine Lösung, verlasse meinen Tunnel oder
unsere eckigen Scharlachroten Scherben werden zu einem großen gemeinsamen
Meer und tun sich somit immer wieder weh. Oder vielleicht erbauen wir auch eine
Illusion, wir erbauen eine Traumwelt in der wir kämpfen und gewinnen und
ganz werden und leben können. Dies könnte nur eine Seifenblase sein.“
Das Mädchen schüttelt den Kopf und sagt: „Entscheide Du. Was
willst Du?“ Die Gestalt senkt den Kopf, blickt verzweifelt und sagt bloß:
„Ich will Dich nicht verletzen!“
So verweilen die Gestalt und das Wesen in der Heimat des kleinen Mädchens und sind dort wo und wie alles anfing, im Schmerz gefangen zwischen den Scharlachroten Scherben im Tunnel des wahren Lebens.
So verweilen die Gestalt und das Wesen in der Heimat des kleinen Mädchens und sind dort wo und wie alles anfing, im Schmerz gefangen zwischen den Scharlachroten Scherben im Tunnel des wahren Lebens.
17.10.2002
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